AJA Arbeitskreis gemeinnütziger Jugendaustausch ist der Dachverband von acht gemeinnützigen Jugendaustauschorganisationen in Deutschland. Seine Mitglieder sind anerkannte Träger der freien Jugendhilfe und führen weltweit langfristige, bildungsorientierte Schüleraustausch- und Gastfamilienprogramme durch. Mit ihrer Arbeit fördern sie interkulturelles Lernen, Verständigung, Eigenverantwortlichkeit, Toleranz, politisches Bewusstsein und Respekt für unterschiedliche Lebensweisen. Sie leisten damit einen wirksamen Beitrag zur Demokratie- und Friedenserziehung – nicht nur bei den Jugendlichen selbst, sondern auch in ihrem familiären und sozialen Umfeld.
Anlässlich der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 hat der AJA sechs Forderungen an die neue Bundesregierung:
1) Gastfamilien würdigen und finanziell unterstützen
Gastfamilien in Deutschland leisten nachweislich einen erheblichen Beitrag für mehr Weltoffenheit, Toleranz und kulturelle Vielfalt in unserer Gesellschaft. Sie nehmen ehrenamtlich für ein halbes oder ein ganzes Jahr einen Jugendlichen aus einem anderen Land in ihre Familie auf und lernen andere Gewohnheiten, Kulturen und Lebensweisen kennen, ohne selbst reisen zu müssen. Es wird aber immer schwerer, Gastfamilien in Deutschland zu finden. Grund dafür ist unter anderem die finanzielle Belastung durch die gestiegenen Lebenshaltungs- und Energiekosten. Wir fordern eine Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Gastfamilien angelehnt an die Höhe des Kindergeldes.
2) Zugänge zum Schüleraustausch verbessern
Alle jungen Menschen sollen im Rahmen ihrer Schullaufbahn die Möglichkeit einer Auslandserfahrung erhalten. Dazu müssen der Zugang zu Austauschprogrammen verbessert und strukturelle sowie finanzielle Hürden abgebaut werden. Der langfristige individuelle Schüleraustausch ist aufgrund seiner Ausgestaltung durch gemeinnützige Träger nachweislich besonders wirkungsvoll. Er erhält bisher jedoch keine staatliche Förderung. Wir fordern eine Verbesserung der Rahmenbedingungen und einen Abbau von Zugangsbarrieren (z.B. durch verbesserte Informationen an Schulen und finanzielle Zuschüsse), damit das Potenzial der Programme für Demokratie- und Friedenserziehung entfaltet und genutzt werden kann. Dies bezieht sich vor allem auf die Notwendigkeit, Fördermaßnahmen für Jugendliche zu etablieren, die aufgrund ihres familiären Hintergrunds benachteiligt werden.
Besonders wirkungsvoll wäre es, wenn die erheblichen und bisher kaum genutzten Mittel, die im Rahmen des Erasmus+-Programms von der EU für langfristige Austauschprogramme zur Verfügung stehen, nicht nur dann verwendbar werden dürfen, wenn die Durchführung der Austauschprogramme durch Lehrkräfte erfolgt.
3) Auslands-Schüler-BAföG reformieren
Pro Jahr gehen rund 1.800 Schülerinnen und Schüler mit dem Auslands-Schüler-BAföG ins Ausland. Jugendliche, die eine Schule besuchen, die nicht zum Abitur führt, sind aktuell per Gesetz von der Förderung ausgeschlossen. Leider wurde die BAföG-Reform 2024 nicht genutzt, um diese Hürde abzubauen und mehr jungen Menschen die prägende Erfahrung eines Auslandsaufenthalts zu ermöglichen. Wir fordern, dass Jugendliche, die eine Schule ohne Sekundarstufe II (z.B. Realschule) besuchen, auch Schüler-Auslands-BAföG erhalten können.
4) Gesellschaftliche Wirkung von Jugend- und Schüleraustausch anerkennen
Internationaler Austausch und Begegnungen sind in Zeiten globaler Herausforderungen wesentliche und unverzichtbare Bestandteile von Bildung. Sie leisten einen Beitrag zur Förderung demokratischer Werte, aktiver Beteiligung sowie interkultureller Kommunikation. Sie stärken gesellschaftspolitisches Bewusstsein und bürgerschaftliches Engagement im Entsende- aber insbesondere auch im Gastfamilienprogramm. Wir ermutigen deshalb die neue Bundesregierung, internationalen Jugendaustausch und -begegnung als Instrument zur Förderung einer offenen und demokratischen Gesellschaft deutlicher als bisher anzuerkennen.
5) Transatlantische Beziehungen stärken
Der Schüleraustausch mit den USA hat eine lange Tradition und ist ein wichtiges und kraftvolles Instrument, um jungen Menschen in beiden Ländern die Bedeutung der transatlantischen Freundschaft zu vermitteln. Als Junior-Botschafterin oder -Botschafter sind die teilnehmenden Jugendlichen in besonderem Maße in der Lage, aktiv Vorurteile abzubauen und das gegenseitige Verständnis zwischen Deutschland und den USA zu fördern. Nachdem die Gründung eines Deutsch-US-Amerikanischen Jugendwerks vorläufig gescheitert ist, müssen andere Wege gefunden werden, um den transatlantischen Jugendaustausch zu stärken.
6) Ehrenamt fördern
Das Ehrenamt spielt im gemeinnützigen internationalen Schüleraustausch eine herausragende Rolle. Die AJA-Organisationen verfügen über starke und über Jahrzehnte gewachsene Strukturen sowie ein Netzwerk von mehr als 10.000 ehrenamtlich Engagierten, die sich als Teil der aktiven Zivilgesellschaft verstehen und einbringen. Wir wünschen uns eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Ehrenamt und eine konsequente Umsetzung der Engagement-Strategie des Bundes, die im Jahr 2024 beschlossen wurde.