Stellungnahme des AJA zum 4. Engagementbericht der Bundesregierung

Cover 4. EngagementberichtEinmal pro Wahlperiode legt die Bundesregierung einen Bericht zum freiwilligen Engagement in Deutschland vor. Dies geht auf einen Beschluss des Bundestages von 2009 zurück. Seit Ende 2024 liegt nun der 4. Engagementbericht vor. Die unabhängige Sachverständigenkommission, die den Bericht verfasst hat, legte dieses Mal besonderes Augenmerk auf den Zugang zum freiwilligen Engagement in Deutschland. Denn Personen mit niedrigen Einkommen, niedrigen Bildungsabschlüssen und Migrationshintergrund sind im Engagement deutlich unterrepräsentiert. Der Engagementbericht identifiziert dreizehn Zugangshürden zum Ehrenamt und beschreibt Ansätze zu deren Beseitigung.

Gesellschaftliche Wirkung von internationalem Austausch anerkennen

In diesem Kontext befasst sich der Bericht auch mit der internationalen Jugendarbeit und dem Schüleraustausch in Form von internationalen Austausch- und Begegnungsformaten, Schulfahrten wie gruppen- oder schulklassenbezogene Austauschaktivitäten, Schulpartnerschaften sowie dem Einzelschüleraustausch. Diese Aktivitäten, so wird ausgeführt, spielen eine wesentliche Rolle in der Entwicklung junger Menschen und sind als wichtige Ergänzung zur schulischen Bildung zwar anerkannt, werden aber oft als weniger wichtig angesehen als der Fachunterricht. Weiter heißt es im Bericht: „Durch die Teilnahme an solchen gruppenbezogenen Freizeit- und Mobilitätsformaten erleben sich die jungen Menschen außerhalb ihrer gewohnten sozialen und räumlichen Umgebung. Dies ermöglicht es ihnen, festgefahrene soziale Rollen abzulegen. Kinder und Jugendliche lernen durch gemeinsame Aktivitäten und Reisen im Team zu arbeiten, Verantwortung zu übernehmen und soziale Fähigkeiten zu entwickeln – wichtige Grundlagen für zivilgesellschaftliches Engagement. Die Teilnahme an Jugendfreizeiten und Austauschprogrammen bietet zudem die Möglichkeit, eigene Ideen und Projekte einzubringen, was die Partizipation und das Engagement in der Gemeinschaft fördert. Diese Mobilitätsangebote und -projekte vermitteln sehr häufig Wissen über gesellschaftliche, ökologische und politische Themen, wodurch Kinder und Jugendliche zu informierten und engagierten Bürgern und Bürgerinnen heranwachsen können.“

Der AJA unterstützt diese Positionierung ausdrücklich. Der gemeinnützige langfristige Schüleraustausch versteht sich als Teil der non-formalen Bildung, der zur politischen Bildung und dem gesellschaftlichem Engagement von jungen Menschen beiträgt. Die gemeinnützigen Austauschorganisationen die im AJA vertreten sind, verfügen über ein Netzwerk aus 10.000 Ehrenamtlichen, die sich als Teil der Zivilgesellschaft verstehen und einbringen. Sie engagieren sich beispielsweise ehrenamtlich als Betreuer*innen, Teamende für Vor- und Nachbereitungsseminare, in der Vereinsentwicklung oder als Gastfamilie. Jedes Jahr nehmen mehr als 2.000  Familien in Deutschland ehrenamtlich für ein halbes oder ganzes Schuljahr ein Gastkind aus dem Ausland auf. Mit diesem Engagement fördern sie Weltoffenheit, Toleranz und kulturelle Vielfalt in unserer Gesellschaft. Auch die Gastfamilien erhalten häufig nicht die Anerkennung, die sie verdienen. Der AJA setzt sich hier für mehr Anerkennung und finanzielle Würdigung von Gastfamilien in Deutschland ein.

Zugänge zum Austausch verbessern

Im Engagementbericht wird vorgeschlagen, die Vielfalt an Reise- und internationalen Begegnungsangeboten systematisch zu erfassen und als Teil einer kommunalen Jugend- und Bildungsarchitektur zu konzipieren. Dabei bezieht sich der Bericht auch auf die wissenschaftliche „Zugangsstudie zum internationalen Jugendaustausch – Zugänge und Barrieren“ (Becker und Thimmel 2019; Naddaf 2019) die vielfältige Schwellen in Praxis, Finanzierung, Förderung und Konzeption deutlich gemacht hat. Laut der Zugangsstudie interessieren sich 60 Prozent der Jugendlichen für einen Auslandsaufenthalt, doch nur circa 28 Prozent nehmen tatsächlich an einem teil. Neben fehlender finanzieller Unterstützung wird auch mangelnde Beratung als Ursache dafür identifiziert.

Der AJA unterstützt diesen Ansatz. Um mehr jungen Menschen die wichtige Erfahrung einer internationalen Mobilität zu ermöglichen, bedarf es besserer Information und praktischer Unterstützung. Eine Beratung über die verschiedenen Austausch- und Begegnungsformate sowie über Möglichkeiten der finanziellen Förderung benachteiligter Jugendlicher ist aber keine einfache Aufgabe. Selbst für Fachkräfte ist es schwierig, eine vollständige Übersicht über die Vielfalt der Angebote herzustellen.

Dies sind die Gründe:

  • Es gibt kein Verzeichnis der Organisationen und der von ihnen angebotenen Formate, und es gibt keine übersichtliche und leicht verständliche Darstellung der Zusammenhänge.
  • Die unterschiedlichen Bereiche arbeiten nach unterschiedlichen Logiken z.B. im Bereich Förderung.
  • Es gibt keinen ausreichenden feldübergreifenden Diskurs der Träger.
  • Es mangelt an einer Kommunikation der beteiligten staatlichen Stellen, und es fehlt eine abgestimmte Strategie der Förderung.

Um hier Abhilfe zu schaffen, beteiligt sich der AJA gemeinsam mit dem Netzwerk „Forschung und Praxis im Dialog – Internationale Jugendarbeit“ an einem geplanten. Mapping-Projekt, um die unterschiedlichen Angebote und Akteure im Bereich internationaler Austausch und Jugendbegegnungen zu erfassen und darzustellen.

Schlussfolgerung: es braucht klare Zuständigkeiten und Finanzierung

Abschließend wird im Bericht empfohlen, unzureichende Zugänge zu den Aktivitäten der Kinder- und Jugendarbeit einschließlich der internationalen Aktivitäten durch klare Zuständigkeiten zu beheben. Weiterhin sollen die Handlungsfelder in denen Kinder und Jugendliche Partizipation und Engagement erfahren, unterstützt und finanziell abgesichert werden.

Download: 4. Engagementbericht der Bundesregierung